BERICHT

über die Jahre 1914, 1915, 1916 bis zum 1. Juli 1917.

Unseren letzten Rechenschaftsbericht haben wir am 1. Januar 1914 erstattet. Von unserer bis­herigen Übung, unseren Mitgliedern alljährlich Berichte zugehen zu lassen, sind wir seitdem abgewichen. Der Ausbruch des Krieges, der Ernst der Zeit, die schwerer Sorgen, die auf uns lasten, ließen uns bisher weder Zeit noch Mühe zur Berichterstattung. Trotz der langen Dauer dieses Völkerringens ist das Ende desselben noch immer nicht abzusehen. Eine weitere Verzögerung der Berichterstattung läßt sich nicht mehr rechtfertigen, um so mehr als in dieser langen Zeit sich viele Veränderungen, leider auch trauriger Natur, ereignet haben. Unseren Mitgliedern erstatten wir nunmehr Bericht über die Ereignisse der Zwischenzeit .

Zunächst müssen wir mit traurigen Gefühlen derer uns erinnern, welche in der Zwischenzeit ver­storben sind.

Am 2. Mai 1914 verloren wir unsere teure Schwester, Mitbegründerin der Stiftung, Julie B o n d y, g e b. C a s s i r e r. Das Andenken an diese teure Verblichene, an der wir alle, Jung und Alt, mit innigster Liebe und Verehrung hingen, soll dauernd in unserem Herzen bleiben.

Einen weiteren schweren Verlust erlitten wir durch den Heimgang der beiden Gründer der Stif­tung Eduard und Salo Cassirer. E d u a r d Cassirer verstarb am 2. Juni 1916; Salo Cassirer, der mit ihm ein ganzes Leben geschäftlich und persönlich innig verbunden war, folgte ihm am 17. März 1917.

Daß wir dieser beiden Brüder mit besonders warmen Empfindungen gedenken, werdet Ihr uns nachfühlen, um so mehr, als die beiden seit Gründung der Stiftung stets das lebhafteste Interesse für das Gedeihen und die weitere Entwicklung derselben gehabt haben. Ihr Andenken soll in der Familie unverlöschlich bleiben.

Schmerzlich gedenken wir ferner des Todes von Margarete Sc h i f f e r,  g e b. G o l d s t e i n, Ehefrau des Dr. Georg Schiffer in Breslau, welche am 10. Oktober 1914 in jugendlichem Alter verstarb.

Auch den Tod des Kindes M a r t h a  L u i s e  G o t t h e l f, am 15. Februar 1915, Tochter von Carl G o t t h e l f  und  Paula geb. Cassirer, haben wir zu beklagen.

Der Krieg hat einen grossen Teil unserer Familienmitglieder veranlaßt, sich dem vaterländischen Interesse zur Verfügung zu stellen. Die männlichen Mitglieder sind großenteils dem Heere beigetreten, die weiblichen Mitglieder haben in dieser langen Zeit mitgearbeitet, um die Leiden des Krieges, soweit es ihnen möglich war, zu lindern.

Im einzelnen haben wir zu berichten:

D r. D a v i d  K ö n i g s b e r g e r ist seit Beginn des Krieges als Stabsarzt im Felde. Er hat nach­einander im Westen, Osten und Südosten und anderen Kriegsschauplätzen seine Tätigkeit ausgeübt und an sehr vielen Schlachten teilgenommen. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. und dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.

Kapellmeister Fritz Leopold Cassirer wurde am 22. Mai 1915 eingezogen und blieb bis zum 17. Juli 1916 beim Heere. Er hat ein volles Jahr in Rußland Dienst getan und ist zum Vize­wachtmeister befördert worden, später wurde er wegen Krankheit entlassen.

K u n s t h ä n d l e r   P a u l Cassirer trat im September 1914 als Kriegsfreiwilliger beim ---- (Unleserlich) -schauplatz. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Alsdann wurde er zeitweilig entlassen, später aber wiederum zum Militärdienst eingezogen.

Dr. F r i t z  F a l k ist seit Ende 1914 als Stabsarzt im Heeresdienst.

B r u n o  C a s s i r e r  wurde am 5. Dezember 1916 als Unteroffizier zum Training in Spandau eingezogen.

I n g e n i e u r  A l f r e d  C a s s i r e r  trat bei Beginn des Krieges als Kriegsfreiwilliger beim Kaiserlichen Freiwilligen Automobilª]Corps ein und war auf dem westlichen, wie auch auf dem östlichen Kriegsschauplatze. Am 13. Januar 1917 wurde er zum Vizefeldwebel befördert. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.

L u d w i g   C a s s i r e r  ist seit dem 5. August 1914 im Heeresdienst und hat im Osten an einem großen Teil der Gefechte teilgenommen. Er steht gegenwärtig an der Westfront.

Dr. A r t h u r  M e y e r ist seit Oktober 1914 im Felde, kommandiert als Hygieniker bei einem Armeeª]Oberª]Kommando. Es wurden ihm folgende Ehrenzeichen verliehen: das Eiserne Kreuz II. Klasse, das bayrische Militärª]Verdienstkreuz mit Schwertern und Krone, das österreichische Offiziersehrenkreuz mit Kriegsdekoration.

H a n s  B o n d y  in W i e n wurde zum Militär eingezogen.

M a r t i n  C a s s i r e r  wurde am 9. Januar 1917 zum Landsturm eingezogen.

Dr. E r w i n  C a s s i r e r trat bei Beginn des Krieges als Kriegsfreiwilliger beim Kaiserlichen Freiwilligen Automobilª]Corps ein; seit den, 25. August 1914 wird er vermißt. Trotz aller angestellten Bemühungen ist bis zum heutigen Tage nichts Näheres über sein Schicksal zu ermitteln gewesen.

Dr. K u r t  C a s s i r e r steht als Leutnant der Reserve im Husarenª]Regiment Rathenow und ist seit Beginn des Krieges auf dem westlichen Kriegsschauplatze, er wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.

M a x   W a 11 e r,  W i e n, ist seit dem Jahre 1916 zum Militär eingezogen und wurde zu Fähnrich der Reserve ernannt.